“Rethinking ‘Diversity’ in Publishing” Studie – jetzt auch auf Deutsch

Es ist soweit: rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse erscheint heute die deutsche Übersetzung des „Rethinking ‘Diversity’ in Publishing” Reports! Denn bei allen Unterschieden, die es zwischen den Buchbranchen in Großbritannien und Deutschland gibt, so sind doch auch viele Parallelen auszumachen, gerade was die Unterrepräsentation von Schwarzen Autor*innen und Autor*innen of Colour angeht. Meine Vermutung ist, dass auch die Gründe dafür einige Ähnlichkeiten aufweisen, aber das muss ich noch weiter erforschen und stehe dafür bereits in Kontakt mit einigen Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen, die im deutschen Raum aktiv sind. Der Report bietet wissenschaftliche Beobachtungen und Denkanstöße, wie sich die Branche zum Besseren verändern kann – und auch wenn sich unsere Interviews und Schlussfolgerungen auf das UK beziehen, so lassen sich viele Aspekte und Verbesserungsvorschläge sicher auch auf den deutschen Buchmarkt anwenden. Am Mittwoch diskutieren wir außerdem im Rahmen der Buchmesse außerdem zum Thema „Improving Diversity in Publishing: Who Can Lead the Change Process?“ (14 Oktober 2020, 10 Uhr).

Kurz zum Hintergrund: Rethinking ‚Diversity’ in Publishing ist die erste detaillierte, wissenschaftliche Studie in Großbritannien, die sich mit Diversität in Buchmarkt und Verlagswesen beschäftigt. Sie ruft Verlage dazu auf, neu über Diversität nachzudenken, ihr Bild vom Lesepublikum als traditionellen, weißen Menschen aus der Mittelschicht „radikal neuzudenken“ und einem vielfältigen Publikum „mehr Wert beizumessen“. Die Studie macht weitreichende Verbesserungsvorschläge und hält Verlage, Agenturen und Buchhandlungen unter anderem dazu an, ihre Praktiken, ihr Verhalten und kulturelle Voreingenommenheiten zu reflektieren und in Frage zu stellen. Der Bericht schlägt weiterhin vor, dass die o.g. Akteur*innen der Branche strategische Partnerschaften mit Literaturförderinstitutionen und audience engagement Expert*innen eingehen und in sie investieren, um gemeinsam talentierte BIPoC Autor*innen zu finden und sie bei ihrer Entwicklung zu unterstützen.

Der Bericht zur Studie wurde von Dr. Anamik Saha und mir 2019/2020 an der Goldsmiths, University of London geschrieben. Er basiert auf über 100 qualitativen Interviews mit Autor*innen, Agent*innen und Repräsentant*innen aller größeren Verlagshäuser, darunter auch CEOs, Geschäftsführer*innen, Lektor*innen, Designer*innen und Expert*innen aus Marketing, PR und Vertrieb. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Goldsmiths, University of London, Spread the Word und dem Branchenmagazin The Bookseller. Es wurde vom vom Arts and Humanities Research Council finanziert und ist bei Goldsmiths Press erschienen.

Die deutsche Übersetzung der Studie wird heute, am 12. Oktober 2020, zum Start der Frankfurter Buchmesse veröffentlicht: www.rethinkingdiversity.org.
Die Übersetzung habe ich selbst geschrieben und das war, ganz ehrlich, nicht ohne. Einerseits sicher hilfreich, so tief im Thema drinzustecken, andererseits fiel mir dadurch auf, wie viel meiner Arbeit zu dem Thema auf Englisch stattgefunden hat. Und so dachte ich am Anfang, dass ich die deutschen Fachbegriffe einfach nur nicht kenne… Nach einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Stand der Dinge in deutschen Raum und dem, was Aktivist*innen und Autor*innen in Deutschland dazu geschrieben und gesagt haben – nicht zuletzt Sharon Dodua Otoo, Tupoka Ogette, Alice Hasters und Noah Sow sowie die Neuen deutschen Medienmacher*innen und für den Kulturbereich auch Daniel Gyamerah und Joshua Kwesi Aikins – wurde mir immer klarer, dass viele Begriffe und Konzepte in der deutschen Sprache gar nicht existieren (mal ganz zu schweigen von Statistiken zu den Autor*innen, Verlags- und Buchhandelsangestellten und der Bevölkerung). Für die deutsche Fassung der Studie habe ich also ein kleines Übersetzerinnen-Vorwort geschrieben und die Begriffe, die ich benutze, vorab ein wenig erläutert.

Anyway, Anamik’s und meine Hoffnung ist, dass wir durch die deutsche Fassung einen Beitrag zur deutschen Diskussion über die fehlende Diversität in der Literaturbranche leisten und unsere Herangehensweise und Ergebnisse besser teilen können. Wie gesagt, meine Vermutung ist, dass auch die Gründe für die Unterrepräsentation von Schwarzen Autor*innen, Autor*innen of Colour und anderen marginalisierten Autor*innen einige Ähnlichkeiten mit unseren auf das UK-bezogenen Beobachtungen aufweisen werden, aber um darüber bessere Aussagen machen zu können, bedarf es eben noch weiterer Forschung. Noch eine Sache, die uns sehr gefreut und geehrt hat: Die spanische Fachzeitschrift Texturas hat übrigens in ihrer September-Ausgabe einen Teil unserer Studie auf Spanisch publiziert (link zur Texturas Ausgabe, auf Spanisch), also wird unsere Arbeit noch ein Stückchen weitergetragen.

So, und wer an einer weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema Diversität in der Buchbranche und einer internationalen Perspektive Interesse hat: Am Buchmessen-Mittwoch (14 Oktober 2020, 10 Uhr) findet ein Panel statt, bei dem wir das Thema „Improving Diversity in Publishing: Who Can Lead the Change Process?“ diskutieren. Moderiert wird das Gespräch von Dr. Anamik Saha und ich darf daran mit den fantastischen Verlegerinnen Sharmaine Lovegrove (Dialogue Books) und Thabiso Mahlape (Blackbird Books) sowie Michiel Kolman (Senior VP of Information Industry Relations bei Elsevier und ehemaliger Präsident der International Publishers Association) teilnehmen.

Veranstaltungsinformation auf der Website der Frankfurter Buchmesse: link
Kostenlose Teilnahme möglich, wenn man sich mit einem My Book Fair Profil (link) registriert.

Und auf dieser Seite befindet sich der Originalbericht auf Englisch sowie die deutsche Übersetzung: www.rethinkingdiversity.org – nebst einigen Links zu aufgenommenen Veranstaltungen und Interviews zum Thema.

 

Literary Field Kaleidoscope | Rethinking Diversity | Deutsche Übersetzung

Deutsche Fassung: direkter Link zum pdf